Mobile Payment: Interview mit VeroPay-Gründer Dr. Michael Suitner

Daniel Kuhn 17. August 2014 0 Kommentar(e)

Dass Mobile Payment auch funktionieren kann, beweist das Unternehmen VeroPay derzeit eindrucksvoll in Österreich. Unser Interview mit dem Firmengründer Dr. Michael Suitner zeigt, dass der Erfolg kein Zufall ist.
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In der Aktuellen Ausgabe des Android Magazin bin ich in meinem Bericht zum Mobile Payment zu dem Schluss gekommen, dass die ganze Mobile Payment-Branche unter Erfolglosigkeit und dem Mangel guter Lösungen leidet. Die ganze Branche? Nein, denn ein kleines Unternehmen in Österreich hat eine funktionierende Lösung am Start und ist damit auch noch sehr erfolgreich. Wir haben uns mit Dr. Michael Suitner, dem Gründer von VeroPay unterhalten um dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Was ist VeroPay, wie funktioniert es, warum funktioniert es in Österreich so gut und kann es auch in Deutschland funktionieren?

Androidmag: Wie und wann ist die Idee für VeroPay entstanden?

Suitner: Das war im Herbst 2011. Ich muss vorausschicken, ich komme aus dem Zahlungswesen, bzw. MasterCard-Umfeld. Dort habe ich festgestellt, dass es zum einen ein Bedürfnis der Kunden gibt, mit dem Smartphone zu bezahlen, es auf der anderen Seite aber keine Lösung gibt, oder gegeben hat, bei der die sensiblen Daten nicht auf dem Smartphone abgelegt werden. Für mich war klar: Sensible Daten auf dem Smartphone, das ist nie gut. Dementsprechend habe ich mich mit dem Thema auseinander gesetzt und bin dann auf dieses, im Grunde sehr einfache Modell gekommen. Man hat einen einmal verwendbaren Code, ähnlich dem eTAN-Verfahren im Online-Banking, mit dem man bezahlen kann. Diese Barcodes werden dem Kunden auf dem Smartphone auf der App zur Verfügung gestellt. Und damit bleibt der Kunde praktisch anonym. Er muss keine sensiblen Daten auf dem Smartphone oder irgendwo angeben und kann trotzdem am PoS anonym bezahlen.
Kunden wollen ihre sensiblen Daten nicht auf dem Smartphone, also stellen wir ihnen anonyme Codes zur Verfügung, die nur einmal gültig sind, die nach vier Minuten erlöschen, die nicht zwei Mal eingesetzt werden können und so weiter. Damit kann der Kunde mit dem Smartphone bezahlen, und muss aber gleichzeitig nicht die Befürchtung haben, dass die Daten in irgendeiner Form gestohlen oder getrackt werden können. Das ist ja auch noch ein Aspekt, der immer wichtiger wird, also nicht nur, dass Daten entwendet werden können, sondern dass mit einem immer wiederkehrenden Datensatz,, wie das Kartendaten nun mal sind, natürlich auch eine History eines Kunden aufgebaut werden kann. Das ist bei uns nicht möglich, da jeder Code neu generiert wird, und nicht mit dem anderen, vorherigen auf irgendeine Weise verbunden ist.

Androidmag: Man liest immer wieder, dass VeroPay in mehreren Handelsketten in Österreich verfügbar ist und dass es erfolgreich ist. Können sie uns vielleicht genauere Zahlen nennen? Also wie viele Nutzer es gibt und wie oft es regelmäßig genutzt wird?

Suitner: Wir haben User im fünfstelligen Bereich. Wir haben ca. 5 Transaktionen pro User pro Monat – das hängt auch damit zusammen, dass wir bisher nur im klassischen Lebensmittelhandel vertreten sind und dort erst nach und nach die Akzeptanzstellen aufbauen. Die durchschnittliche Bonhöhe liegt bei ungefähr 25 Euro. Man kann also daraus schließen, dass der Kunde in VeroPay ein ganz normales Zahlungsmittel sieht. Bei den Einkaufssituationen verhält es sich so: Der Kunde zahlt ein, zwei Mal unter der Woche für seinen kleineren Lebensmitteleinkauf, und am Wochenende deckt er sich halt mit Lebensmitteln im Ausmaß von um die 100 Euro ein – daraus ergibt sich auch die durchschnittliche Bonhöhe.

Androidmag: Sie haben erwähnt, dass das System bisher hauptsächlich im Lebensmittelhandel verfügbar ist, gibt es Pläne das Ganze noch auf andere Branchen zu übertragen?

Suitner: Der Anwendungsfall besteht darin, dass ich einen Barcode zum Scannen erhalte. Mit diesem Modell haben wir zwar im Lebensmittelhandel begonnen, aber es ist auch sehr attraktiv zum Beispiel für Bäckereien, oder Tankstellen – also dort, wo man sich nur sehr kurz mit dem Einkauf aufhält. Und da haben wir unseren wesentlichen Vorteil, sie halten ihren Code hin, der Code wird vom Scanner ausgelesen und sie haben damit bezahlt. Lebensmittelhandel ist für uns nur der Start, das endgültige Ziel ist aber, dass mit VeroPay an jeder Kasse bezahlt werden kann, genauso, wie sie heute mit einer EC-Karte bezahlen können.

Androidmag: Entstehen durch die Nutzung von VeroPay zusätzliche Kosten? Es wäre ja für kleine unabhängige Händler vielleicht weniger attraktiv, wenn dadurch mehr Kosten entstehen, als bei anderen Zahlungsmethoden.

Suitner: Vom Grundprinzip funktioniert VeroPay genauso, wie jede andere Zahlungsmethode. Das heißt, der Händler muss für die Nutzung des Systems und für die Abwicklung der Zahlungen eine Gebühr bezahlen. In unserem Gebührenmodell sind die Kosten aber so angesetzt, dass sie auch für einen kleinen Händler attraktiv sind. Dass große Händler bessere Konditionen kriegen als kleine Händler, ist bei uns nicht der Fall. wir haben in sehr ausgeglichenes Modell, das für die einzelnen Segmente auch einzelne Gebührenmodelle bietet. Also ein Bäcker hat ein ganz anderes Bedürfnis, für ein ganz anderes Gebührenmodell, als ein großer Händler in der Möbelbranche zum Beispiel – und dementsprechend können wir auch spezifische, maßgeschneiderte Gebühren anbieten.

Androidmag: Was sind denn aus ihrer Sicht die größten Hürden, warum die meisten Nutzer noch nicht auf Mobile Payment zurückgreifen?

Suitner: Derzeit verwenden rund 30 Prozent aller Smartphone-User Online-Payment – über ihre Bank-App. Ungefähr 30 Prozent bezahlen auch in Webshops bereits über das Smartphone. Daraus lässt sich schließen, dass auch ungefähr 30 Prozent daran interessiert sind, mit dem Smartphone im Geschäft zu bezahlen – jetzt gibt es aber ein ganz großes ABER, und zwar: wenn diese Lösung sicher ist. Das kommt bei jeder Meinungsumfrage heraus: Kunden sagen, natürlich möchte ich alle Aspekte meines täglichen Lebens auf mein Smartphone konzentrieren, also damit auch zahlen, aber es muss sicher sein. Und das ist unser Ansatz, ein sehr einfaches und einleuchtendes Sicherheitskonzept, bei dem keine sensiblen Daten abgespeichert werden müssen, können diese auch nicht entwendet werden. Und das versteht der Endkunde.
Es wird ja bereits seit mehr als 5 Jahren gehypt, dass das Mobile Payment kommt, bisher hat es noch keine Lösung gegeben, die wirklich das Bedürfnis des Kunden befriedigt. Der Kunde ist eine EC-, oder Maestro-Karte gewohnt, d.h. der Kunde ist gewohnt eine Karte zu haben, mit der er in einer normalen Bonhöhe überall bezahlen kann. Und da kann man ihm jetzt kein Angebot stellen, das dann bedingt, dass das Telefon eine bestimmte Fähigkeit hat, wie z.B. NFC, oder dass das Telefon nicht von Apple ist, sondern ein Android. All diese Dinge sind für den Endkunden zu kompliziert und zu schwierig und nicht verständlich. Der Kunde hat ein Gerät, egal ob das jetzt ein Android, Apple oder Windows Phone ist, und damit möchte er bezahlen. Das versuchen wir umzusetzen, eine Zahlungslösung, die auf jedem Betriebssystem läuft und von jedem Kunden verwendet werden kann, auch unabhängig davon, bei welchem Provider er ist, oder ob er ein zwei Jahre altes Telefon hat, oder ein ganz neues. Wir glauben, dass wir tatsächlich auch einen Mehrnutzen stiften können für den Endkunden.

Androidmag: Stichwort Technologien. Gibt es da Pläne, andere Technologien wie NFC oder Bluetooth Low Energy (was Apple mit den Beacons gerade pusht) bei VeroPay noch zusätzlich zu integrieren, oder wird es bei dem Barcode bleiben?

Suitner: Prinzipiell ist für uns jedes Ãœbertragungsmedium technisch umsetzbar. Wir haben bereits eine App, über die per NFC dieser “Barcode” oder vielmehr die Zahlenreihe dahinter übertragen werden kann. Aber wir sehen, dass wir mit der Scanner-Technologie und den Barcodes Händler letztendlich viel besser und leichter bedienen können, weil ein Scanner an den Kassen verfügbar ist – in den meisten Fällen sind die Scanner lesefähig für Handy-Displays, also vor allem bei den besser ausgestatteten Händlern, und darum müssen wir uns mit dem NFC-Thema noch nicht beschäftigen.
Für uns ist es nicht wichtig, wie dieser Code übertragen wird, sondern für uns ist wichtig, dass der Kunde die beste Usability hat und dass der Händler die Zahlungslösung auch einsetzen kann und dadurch ergibt sich der primäre Fokus auf Barcodes.

VeroPay App

Androidmag: In einem Mobile Payment-Selbstversuch hatte ich die Situation, dass ich im Supermarkt kein Netz hatte und die betreffende App dadurch nicht nutzen konnte. Besteht dieses Problem bei VeroPay auch?

Suitner: Nein, unsere App ist Offline-fähig. Das heißt, wenn sie in genau der gleichen Situation sind, dann können sie über unsere App einen Barcode aufrufen, der bereits auf Lager liegt. Den haben sie sozusagen auf der App und wenn die App keine Datenverbindung herstellen kann, dann stellt ihnen die App diesen Barcode zur Verfügung, den sie zuletzt bekommen hat. Wir können das auch nachvollziehen, ca. 25 Prozent der Zahlungen, die unsere Kunden durchführen, sind offline. Das es so viel ist, hat uns selber auch gewundert. Und deswegen ist die Offline-fähigkeit ein ganz wesentliches Kriterium, auch für den Handel, eine solche Lösung einzusetzen. Das ist ein wesentlicher Vorteil unserer Lösung, dass das Telefon weder eine Telefonverbindung noch eine Datenverbindung benötigt.

Androidmag: VeroPay werden sicher auch viele unserer Leser in Deutschland spannend finden. Gibt es schon einen ungefähren Zeitrahmen, wann der Dienst hierzulande startet?

Suitner: Irgendwann Ende 2014, Anfang 2015 wird es so weit sein. Wir sind natürlich schon in den vorbereitenden Gesprächen und sind auch da schon sehr weit, aber wir haben noch keine Freigabe Namen zu nennen.

Androidmag: gibt es denn für Österreich konkrete Pläne auf noch weitere Handelsketten zu erweitern?

Suitner: Ja, wir werden noch im Herbst und bis zum Ende diesen Jahres unsere Akzeptanzstellen wahrscheinlich verdoppeln. Also wir haben jetzt ungefähr 5.300 Kassen live, Das ist für deutsche Ohren jetzt vielleicht nicht sehr viel… für Österreich, um ihnen das Verhältnis zu geben, in Österreich gibt es im Moment ungefähr 10.000 NFC-Kassen und bis zum Ende des Jahres werden wir das aufgeholt haben. Wir sind ja erst seit einem dreiviertel Jahr in Österreich flächendeckend unterwegs.

Androidmag: Stichwort Ausbau an den Kassen: wie groß ist denn der Aufwand für den Händler? Was muss der an dem Kassensystem verändern oder ergänzen?

Suitner: Es ist ein Software-Update mit einem Modul, das unsere Codes zu uns routet und das OK wieder an die Kasse zurückgibt. Es ist immer generisch für eine Kassensoftware aufgesetzt. Es gibt in der DACH-Region ungefähr 10 große dominante Kassen-Software-Hersteller und wenn wir bei denen implementiert sind, wie es bereits bei mehreren der Fall ist, dann ist es für jeden Händler nur noch ein Knopfdruck. An der Kasse, im Geschäft muss überhaupt nichts getan werden. An der Kasse erscheint dann nach dem Update plötzlich ein zusätzlicher Button “Bezahlen mit VeroPay”.

Androidmag: Über die nahe Zukunft von VeroPay haben sie sich ja bereits geäußert, aber wie schätzen sie die Zukunft von Mobile Payment generell ein? Kommt der herbeigeredete Durchbruch endlich? Vielleicht mit Starthilfe durch VeroPay?

Suitner: Es gibt eine Untersuchung von einem deutschen Beratungsunternehmen zu dem Thema und die haben auch unsere Lösung analysiert. Ich komme zwar aus dem klassischen Payment-Bereich, aber wir denken die Dinge so neu und so anders, dass wir in der Untersuchung als möglicher Gamechanger bezeichnet wurden. Wir erhoffen uns tatsächlich, dass wir am Markt eine Veränderung bewirken können.

Androidmag: Dr. Key Pousttchi hat in seinem Artikel für Mobile Business die Vermutung geäußert, dass die bestehenden Mobile-Payment-Anbieter, sollten sie sich nicht einigen und keine brauchbare Lösung entwickeln, von den Big Playern wie Google, Apple und Amazon überrollt werden könnten, falls diese plötzlich eine funktionierende Lösung präsentieren. Wie groß schätzen sie diese Gefahr ein, denn das betrifft sie ja auch sehr stark? Natürlich haben sie eine funktionierende Lösung, aber die Marktmacht der großen Konzerne dürfte auch sie nicht kalt lassen.

Suitner: Sie haben ganz Recht. Aber ich bin überzeugt, dass der Kunde entscheidet. die Größe eines Unternehmens – das sieht man alle paar Jahre wieder, ob das Nokia ist, oder Microsoft oder IBM vor vielen Jahren – ist nicht ausschlaggebend. Ausschlaggebend ist vielmehr die beste Lösung. Wir sagen natürlich, dass wir die beste Lösung haben – klar – aber wir haben unsere Lösung auch patentiert. Sie ist also nicht Open Source die jeder nehmen und nachbauen kann. Es wird sich die beste Lösung durchsetzen und es wird sich eine schlechte Lösung auch dann nicht durchsetzen, wenn da ein Logo von einem großen Anbieter drauf prangt. Für den Kunden ist der Zahlungsverkehr viel zu sensibel, als dass er eine Lösung verwendet, die für ihn nicht ausreichend gut und sicher ist. Wir wollen die beste Lösung für den Endkunden bieten und wenn wir das schaffen, dann werden wir auch erfolgreich sein.

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